Betriebsklima

Für ein sonniges Betriebsklima sorgen

Ein gutes Betriebsklima, in dem die Mitarbeiter/innen gerne arbeiten, erhöht die Leistungsfähigkeit und Motivation, reduziert die Stressbelastung, hält die Krankenstände niedrig und führt zur Identifikation mit dem Betrieb.
Dabei sollte sich jeder bewusst sein, dass der Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Praxis erheblich größer ist.
Daher muss dem System immer wieder Aufmerksamkeit und Zeit zur Teambildung, -erhaltung und -entwicklung gegeben werden.

Der Begriff „Betriebsklima“ definiert die Qualität der atmosphärischen Stimmung in der Belegschaft, das subjektive „Wohlfühlen“ der Menschen im Betrieb.

Als Merkmale eines guten Betriebsklimas werden Teamgeist, Möglichkeit zum selbständigen Arbeiten, Kooperationsbereitschaft von Kollegen und Anerkennung durch Vorgesetzte angesehen.

Ein schlechtes Betriebsklima setzen Mitarbeiter häufig gleich mit: Intrigen unter Kollegen, Anschwärzen beim Chef, Angst um den Arbeitsplatz, fehlende Anerkennung, Arbeitsüberlastung und Fehlbesetzungen von Positionen.
Wenn Mitarbeiter auf Anweisungen und Arbeitsaufträge mürrisch und mit Sarkasmus reagieren, verbale Angriffe an der Tagesordnung sind, wenn sie nur so viel arbeiten, dass es keinen unmittelbaren Anlass zur Klage gibt – dann droht am Betriebsklima-Horizont die anhaltende Wetterverschlechterung. Niemand ist bereit, Verantwortung zu übernehmen, der Fehlzeitenstand ist dann meist ungewöhnlich hoch, ebenso die Mitarbeiterfluktuation.
Wenn schließlich von Kunden die ersten Beschwerden kommen, „das Personal würde wohl offensichtlich nicht mit-, sondern gegeneinander arbeiten“, kann sich das Betriebsklima zur Existenzgefährdung für die Firma entwickeln.

Wichtig ist daher, ein gewittriges Betriebsklima möglichst früh zu erkennen, um rechtzeitig eingreifen zu können; d. h., wenn ein Chef diese Anzeichen feststellt, muss er nach Lösungen fahnden, möglicherweise die Ursachen erforschen, und seine Beobachtungen im Mitarbeiterkreis oder in Einzelgesprächen thematisieren. Nur wer versteht, kann sinnvoll verändern.
Denn, wie Maturana und Varela in ihrem bahnbrechenden Buch >Der Baum der Erkenntnis<, 1984/2011 4. Aufl., S. 267 f feststellten: „Wir haben nur die Welt, die wir zusammen mit anderen hervorbringen, und nur die Liebe ermöglicht uns, diese Welt hervorzubringen. … Der Kern aller Schwierigkeiten … ist unser Nicht-Wissen um das Wissen.“
Im Betrieb heißt das in der Regel, dass die Rückmeldeschleifen
nicht funktionieren, dass Wechselwirkungen nicht hinreichend beachtet werden.

Plusgrade werden durch Vorbildfunktion erzeugt:
Eine wichtige „Betriebsklima-Regel“ lautet: „Die Führungskompetenz des Chefs ist wesentlich mitverantwortlich für das Betriebsklima. Seine Haltung hat Leuchtturmfunktion.“

Dennoch liegt es in der Verantwortung eines jedem Mitarbeiters: Beobachtet jemand Symptome für eine Klimaverschlechterung, genügt es nicht, die äußeren Rahmenbedingungen zu verändern, etwa den Aufenthaltsraum neu zu gestalten. Vielmehr gehört zuerst der eigene Arbeits- und/oder Führungsstil, Einstellung, Haltung und das eigene Handeln unter die kritische Lupe.

Einen guten Ruf genießt der situative Führungsstil:
Der/die Chef/in/s führt seine Mitarbeiter/innen situations- und personenangemessen, holt sie dort ab, wo sie stehen und fördert sie; d.h. die Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter/innen, ihre Stärken und Schwächen, kennen, sollten ihnen also zugehört haben. Während die/der eine Mitarbeiter/in genaue Arbeitsanweisungen benötigt, braucht ein anderer Lob und der/die nächste Freiraum und Verantwortung, um gute Arbeitsergebnisse zu erbringen.

Ein gutes und gesundes Betriebsklima entsteht durch Beispielkultur.
Im Betriebsklima spiegelt sich die Haltung des Chef´s – so oder so!
Wer sich als Führungskraft an Vereinbarungen hält und das Gebot der Fairness im Umgang mit den Mitarbeitern beachtet, sich wertschätzend verhält, gibt ein nachahmenswertes Beispiel ab.
Nachgeahmt wird jedoch nicht nur von Kindern das Verhalten der „Großen“, denen unterstellt wird, sie wüssten, was richtig ist und im Leben funktioniert (schließlich haben sie es weit gebracht).
In dieser Vorbildfunktion liegt das größte Potential, das Betriebsklima zu optimieren (oder auch zu verschlimmern).
Das vorgelebte Verhalten spricht als Bild a) die z.T. unbewusste emotionale Verfasstheit der Mitarbeiter an und wirkt so als Einladung zur Nachahmung; wenn dann noch b) zusammenhängendes Verstehen hinzukommt, wenn Ziele, Kontexte und Hintergründe aufgezeigt werden, wirkt die Motivation zur eigenen Verhaltensmodifikationen – dann eigenmotiviert -, noch besser und tiefgründiger.
Hinzu kommt das Wissen, dass eine direkte intentionsgemäße Einflussnahme auf das Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist nicht möglich; da Menschen autopoetische, d.h. sich selbst erschaffend und erhaltende komplexe Systeme sind. Zudem können Informationen nicht übertragen werden, da immer der Empfänger einer Information, aufgrund seiner inneren Verfasstheit, bestimmt, ob und wie die Information verstanden und welche Bedeutung ihr gegeben wird. Eine Einschränkung dieser Freiheit in der Selbstorganisation kann allerdings durch Einschüchterung und Gewalt erfolgen; was letztlich jedoch nur oberflächlich wirksam ist und nur so lange vorhält, wie die direkte Kontrolle da ist.
Um bei jemand anderem eine Änderung hervorzurufen, braucht es die Zustimmung des anderen Menschen.
Wie oben gezeigt funktionieren Anweisungen daher nur in beschränktem Maße; für die Nachahmung gilt prinzipiell das gleiche. Und dennoch ist die Wirkung anders: denn etwas attraktives zieht an, während man sich gegen Druck intuitiv stemmt und wehrt.

Ein positives menschliches Miteinander lässt sich also nicht anordnen, der Chef kann aber die Rahmenbedingungen dafür schaffen, indem er

    • fordert und fördert: Mitarbeiter/innen wünschen die Herausforderung und wollen spüren, dass sie gebraucht werden.
      Ein Arzt z.B. fordert also Leistung – und fördert die Mitarbeiterinnen, indem er sein Personal als Persönlichkeiten wahrnimmt und wertschätzt, Fortbildungen fordert und Leistungen wertschätzt. Eine solche Atmosphäre lässt die Assistentinnen, in unserem Arztpraxisbeispiel, gerne in die Praxis gehen, weil sie einen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen.
    • dafür Sorge trägt, dass der richtige Mitarbeiter am richtigen Arbeitsplatz arbeitet, d.h. Qualifikations- und Anforderungsprofil sowie Leistungsfähigkeit und Leistungsmöglichkeit stimmen so weit wie möglich überein, wobei Potentiale gemeinsam entwickelt werden.
    • Situationen anspricht, in denen etwas funktioniert hat, um dann mit anerkennenden Worten zu loben. Das kleine Lob zwischen Tür und Angel, die positive Erwähnung einer Leistung im Mitarbeitergespräch – immer wieder gibt es genügend Gelegenheiten zum Loben – der Chef muss sie nur wahrnehmen und nutzen. So erst entwickelt sich ein Boden an Sicherheit, auf dem Kritik gehört und konstruktiv genutzt werden kann.
    • konstruktiv kritisiert: im Feedbackgespräch setzt man gemeinsam Problemlöseprozesse in Gang, die in die Zukunft gerichtet sind; schützt die Selbstachtung des   kritisierten, gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme, berücksichtigt Kontexte und Missverständnissebenen; bringt Kritik zum richtigen Zeitpunkt vor, also zeitnah und möglichst im Einzelgespräch.
    • offen mit Konflikten umgeht: Sobald jemand einen Konfliktherd (im Ansatz) erkennt, spricht sie/er ihn an und führt eine konsensorientierte, win-win- Konfliktlösung herbei.
    • die Mitarbeiter/innen als Menschen achtet und ihnen Toleranz und Respekt entgegenbringt: Eine freundliche Begrüßung am Morgen und die Zauberworte „Bitte“ und „Danke“ signalisieren Wertschätzung und Anteilnahme. In diesem Klima lässt sich „fehlerfreundlich“ arbeiten, heißt: lässt sich über Fehler offen sprechen, um Schäden vorzubeugen – weil niemand vorwurfsvoll behandelt wird.
    • bei Unklarheiten nachfragt: Missverständnisse und Spekulationen führen zu Gerüchten und Vorurteilen; sie belasten das Betriebsklima durch ihre Desinformation. Unklarheiten und ihren Ursachen sollte sofort nachgegangen werden, um sie frühzeitig auszuräumen und um Fehlern und sinnloser Energie- und Zeitverschwendung vorzubeugen. Dazu sind immer beide/mehrere Seiten zu hören; und, es ist davon auszugehen, dass jeder die Wahrheit sagt, seine Wahrheit. Denn aus verschiedenen Perspektiven, mit verschiedenen Voreinstellungen und Erwartungen sieht die gleiche Situation durchaus sehr unterschiedlich aus. Erst vor seinem jeweiligen Hintergrund kann man den Vorgang, auf den man fokussiert, den man im Vordergrund sieht, beurteilen.

Offene Kommunikation und Betriebsklima-Meeting

Zu einer offenen Kommunikationsstruktur gehören diejenigen Kommunikationswege, über die die „offiziellen“ Informationen transportiert werden – etwa das „ schwarze Brett“ –, sodass alle Mitarbeiter/innen zu jeder Zeit über diejenigen Entwicklungen und Entscheidungen informiert sind, die den eigenen Arbeitsplatz betreffen.
Hinzu kommen die inoffiziellen Kommunikationswege, auf denen sich die Mitarbeiter fernab der beruflichen Angelegenheiten austauschen – etwa durch die Gründung eines Stammtisches. Natürlich kommt es bei solchen Gelegenheiten sowohl zum Austausch von persönlichem wie beruflichem Informationen – was kein Nachteil sein muss. Ein wenig Tratsch und Klatsch wirkt dann positiv, wenn so Dinge angesprochen werden können, die sich ansonsten hinter vorgehaltener Hand Bahn gebrochen und das Betriebsklima verschlechtert hätten. Solange die Stimmung von Wohlwollen getragen ist, laufen die Dinge von sich aus (Selbstorganisation) in die richtige Richtung. Andernfalls droht z.B. Mobbing und ein baldiges Klärungsgespräch ist „überlebenswichtig“. Auch ist zu klären, wofür der Sündenbock gebraucht und welches eigentliche Thema damit verdeckt wird.

Ein ungewöhnlicher Weg, das Gespräch über den Stand des Betriebsklimas zwischen den Mitarbeitern zu fördern, ist das „Betriebsklima-Meeting“.
Hier diskutiert die Führungskraft mit dem Team Maßnahmen, die sie bisher zur Optimierung des Betriebsklimas in Gang gesetzt haben. Es werden Verbesserungsvorschläge überlegt oder im Meeting vorgestellt. Ziel ist es, konkrete Umsetzungsziele, gemeinsame Werthaltungen und Umgangsformen zu vereinbaren und einen Umsetzungsplan zu formulieren.
Dabei steht die Festlegung von Zielen und Verhaltensregeln auf der Agenda: Zu klären ist, wie man in Zukunft miteinander umzugehen gedenkt und was jeder Einzelne konkret tun kann, um zu einer besseren Zusammenarbeit zu gelangen.
In dem Meeting wird oft jedem klar, dass das Betriebsklima nicht die Folge eines Naturgesetztes ist – seine Träger und Verursacher sind die Menschen, die in dieser Gruppe arbeiten. Entsprechend groß ist das Potential, das man heben könnte.
Das gemeinsamen Gespräch mit den Mitarbeitern im Meeting hilft dem Chef, die einzelnen Maßnahmen miteinander zu verzahnen und zu verdeutlichen, dass jeder für die Entwicklung des Betriebsklimas Verantwortung trägt – und damit für die Kundenzufriedenheit und den eigenen Arbeitsplatzerhalt.
Denn ein sonniges Betriebsklima beeinflusst die Wahrnehmung der Kunden und lässt diese spüren: „Hier befinde ich mich in guten Händen.“

Fazit für die Praxis

  • Das Betriebsklima beeinflusst die Leistungsbereitschaft, wie auch die Gesundheit des Teams sowie, nicht zuletzt, die Kundenzufriedenheit.
  • Es ist auf Symptome zu achten, die auf eine Verschlechterung des Betriebsklimas hinweisen – und zeitnah zu reagieren. – Ebenso sollten Verbesserungen im Betriebsklima benannt und vielleicht sogar gemeinsam gefeiert werden.
  • Symptome und Auswirkungen des guten Betriebsklimas und die Wege dorthin sollten bewusst wahrgenommen und (für schlechtere Zeiten) notiert werden.
  • Nehmen Sie Ihre Vorbildfunktion wahr und führen Sie Ihr Team situations- und personengerecht.
  • Stellen Sie eine leistungsorientierte und wertschätzende Atmosphäre her.
  • Sorgen Sie in Ihrer Firma für ein menschliches Miteinander, indem Sie Leistungen loben und konstruktiv kritisieren.
  • Bieten Sie den Mitarbeiter/innen die Möglichkeit, eigenverantwortlich Entscheidungen zu fällen.
  • Fördern Sie Rückmeldesysteme und diskutieren Sie Verbesserungsvorschläge ernsthaft.
  • Bringen Sie Auforderungs- und Qualifikationsprofile in Übereinstimmung; fördern Sie Entwicklungspotentiale nach Neigung.
  • Gestalten Sie das Arbeitsumfeld freundlich(er). Lassen Sie Raum für kleine Erholungspausen.
  • Schaffen Sie eine offene Kommunikationsstruktur und führen Sie regelmäßig ein Betriebsklima-Meeting durch.

Literatur zum Thema

Uta-Maria Hagebrauck u.a. (Hrsg.), Handbuch Betriebsklima, Rainer Hampp Verlag, Meringen/München, 2004, ISBN 3-87988-771-3



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