Coaching

Coaching ist eine Form der Begleitung und Beratung in (meist beruflichen) Prozessen, zur Entwicklung individueller Lösungen.

Der Coach begleitet seinen Klienten bei der Realisierung eines Anliegens, bei der Klärung eines (inneren oder äußeren) Konfliktes oder der Lösung eines Problems. Das geht in vielen Fällen sogar, ohne dass dem Coach das Problem oder dessen „Ursache“ bekannt sind.
Speziell bei Problemkonstruktionen ist es hilfreich, sich die Art und Weise der, oft mühseligen und leidvollen, täglichen Herstellung des problematischen Erlebens / Verhaltens und der Vermeidung einer Lösung bewusst zu machen. In vielen Fällen braucht es Perspektiven- oder Haltungswechsel oder die Überwindung von Entwicklungsschwellen, um (andere) Lösungswege zu erkennen; ebenso kann eine strukturierende Begleitung bei Zielfindungen, Prozessmodellierungen und deren Realisierungen hilfreich sein.

Professionelle, wissenschaftlich fundierte, Begleitung von Prozessen ist sinnvoll, da über Rückmeldeschleifen immer neue Aspekte erschlossen und neue Perspektiven gewonnen werden können.
Denn im Veränderungsmanagement sind, sowohl unter ökonomischen wie unter ökologischen Gesichtspunkten, tragende Beziehungen notwendig, damit die im System relevanten Muster und Bewegungen identifiziert und Destabilisierungen ausgehalten werden können, damit die Anpassungsprozesse zu den anvisierten und gelingenden Ergebnissen führen.

In der evolutionären Entwicklung ist Zusammenarbeit offensichtlich eine sehr erfolgreiche Strategie; doch seit einiger Zeit organisieren wir Arbeitswelten, in denen sich das Gegenteil durchsetzt (Parianen, 2017).
Wir setzen (Rosa, 2005) auf Beschleunigung, um die volkswirtschaftlichen Kreisläufe stabil zu halten, ohne dass klar ist, wohin die Reise gehen soll oder was ein gelingendes Leben ist (Rosa, 2016). Aktuell gilt (zumindest in westlichen Gesellschaften) das Postulat „jeder ist seines Glückes Schmid“, so dass oft ein hoher persönlicher Druck empfunden wird, den (zum Teil selbst auferlegten) Leistungsanforderungen zu entsprechen. Druck und Stress erhöhen zwar kurzfristig die (muskuläre) Leistungsfähigkeit, sie schränken dafür jedoch intellektuelle Fähigkeiten deutlich ein und führen langfristig zu Erschöpfungs- und Verschleißkrankheiten, die hierzulande zunehmend zu beobachten sind und zu Krankheitsfehltagen oder Frühberentung führen, ebenso wie zu Fehlernährung und Körperbildstörungen.

So wird, über den beruflichen Bereich hinaus, Coaching inzwischen mehr und mehr auch als eine Art Lebensberatung bei privaten Problemen und Konflikten angewandt. Dabei grenzt sich Coaching ausdrücklich von der Psychotherapie ab; beschäftigt sich also nicht mit der Behandlung psychischer Störungen, so wie sie in der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme benannt sind.

Im Gegensatz zur Berufsbezeichnung >Psychotherapeut<, die eine qualifizierte Ausbildung voraussetzt, ist >Coach< in Deutschland nicht geschützt, ebenso wie die Ausbildungsgänge dorthin sehr variabel sind. Verbände bemühen sich zwar um gute Qualitätsstandards, doch letztlich ist es im menschlichen Miteinander immer eine Frage der Passung, ob die Form der Begleitung als „gewinnbringend“ erlebt wird. Dennoch reicht die Bandbreite der Angebote von höchst fragwürdig bis hin zu hohen Standards und Qualifikationen der Anbieter.

2010 haben Haken und Schiepek Bedingungen für Veränderungen allgemein in „generischen Prinzipien“ konkretisiert. Diese Aspekte kommen im Prozess, wie bei allen Lernprozessen, immer wieder in nichtlinearer Folge vor; sind also nicht als Entwicklungskontinuum zu verstehen:
1. Schaffen von Stabilitäts- und Sicherheitsbedingungen                                                                                                                                  / Ankommen
2. Identifikation von Mustern und Inkongruenzen im relevanten und untersuchten System                                                                                 / Analyse
3. Sinnbezug – passt der angestoßene Prozess jetzt sinnvoll zu aktuellen (Lebens-)Aufgaben und Zielen?                                                          / Orientierung
4. Aktivierung von Motivation, Energie/Aufmerksamkeit und Mitteln in die gewünscht Richtung                                                                        / Vorbereitung
5. innere Fluktuationen (Bewegungen, Ambivalenzen) im System erkennen und Destabilisierung / Instabilität (partiell) verstärken                    / Krise
6. „Kairos“ (günstigen Zeitpunkt einer Entscheidung) beachten, Resonanz und Synchronisation von Vorgängen ermöglichen                            / Entscheidung
7. Gezielte Symmetrieberechnung vorbereiten; also altes Verhalten unterbrechen, das Ausprobieren neuer Möglichkeiten anregen                  / neues Verhalten
8. Re-Stabilisierung (Stabilitätsbedingungen auf neuen Niveau)                                                                                                                / Konsolidierung

Versuch einer Beschreibung:
Coaching ist lösungs- und zielorientierte Begleitung von Menschen.
In jedem Fall haben Veränderungsmotivationen eine Historie, wie auch eine Vision und, im besten Fall, sogar ein Ziel (in Abgrenzung zu Wünschen)
… und Kontexte, in die die Bewegungen des Systems eingebettet sind.
Diese sind zu würdigen und zu berücksichtigen, soll Veränderung in die gewünschte Richtung führen – ohne dass innere oder äußere Saboteure die Kostenspirale antreiben.
Es geht also um Verbesserungen von Achtsamkeit, Wahrnehmung, Empathie und Leistungsfähigkeit sowie um Selbstreflexion und Selbstorganisation. Die gemeinsame Arbeit – am besten auf Augenhöhe – zielt darauf ab, die in Fixierungen gebundenen Kräfte wieder verfügbar, Ressourcen und Resilienzen bewusst und nutzbar zu machen. Es gilt Erleben und Verhalten selbst (besser) steuern zu lernen, Aufmerksamkeit bewusst zu fokussieren und gestaltend Tätig zu werden.
Die vereinfachenden Kausalitätsmodelle greifen nur in speziellen Fällen, in komplexen Zusammenhängen überhaupt nicht, da eher chaostheoretische Überlegungen passen und eine intentionale Steuerung oder gar Kontrolle dort lediglich illusionärer Natur sind.
Trotzdem hat es andere Auswirkungen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf Selbstwirksamkeitserleben legen, statt Kraft in Manipulationsversuchen zu verschwenden. Da Menschen autonome Wesen sind, bestimmt jeder seinen Weg und sein Erleben (bewusst oder unbewusst) selbst.
Wie immer bestimmt auch bei diesem Text der Empfänger, was gelesen, was in den Text (aus eigenen Erinnerungen) hineininterpretiert, was wie verstanden und welche Bedeutung dem gegeben wird.

Ursprünglich hat der englische Begriff „Coach“ die Bedeutung (Pferde-)Kutsche. Sie ermöglichte es Menschen, von einem Ort zum anderen zu gelangen. Sinngemäß könnte der Coach vor diesem Hintergrund als Entwicklungs- oder Reiseinstrument verstanden werden.
Dabei formuliert der Klient das Ziel, der Coach begleitet ihn auf seinem Weg als unabhängiger Reisegefährte, als Außenstehender, der andere Lebenserfahrungen hat und somit manche Dinge anders sieht und deutet. Wie im richtigen Leben gibt es dabei kein „richtig oder falsch“; wir haben schließlich nur einen Versuch in der Zeit und somit keine Alternative … außer, für Später aus der Erfahrung zu lernen. Doch sehr wohl gibt es ein „gefällt mir – mehr oder weniger“, „attraktiv – aversiv“, „nützlich – schädlich“, „mehr oder weniger Erfolg versprechend“, usw.
Ob dann ein Ergebnis gefällt, zum erwarteten Ziel führt, oder nicht, kann oft erst im Nachgang beurteilt werden. Dann ist zu bedenken, dass wir zu dem späteren Zeitpunkt der Bewertung meist viel mehr Informationen haben, als zu der Zeit, als Entscheidung fiel, es so zu tun, wie geschehen. Es lohnt also (und ist für das eigene Erleben gesünder), sich bei „Fehlentscheidungen“ nicht böse zu sein, sondern sich über die Lektion und das (frühe) Bemerken der unerwünschten Entwicklung zu freuen, denn nun kann eine Korrektur vorgenommen und ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess eingeleitet werden.

Im Sport z.B., wo sich die ersten Verwendungen des Wortes fanden, ist der Coach nicht nur Trainer, sondern zielorientierter Motivator.
Dabei bringt er keine (fertigen) Lösungen für Probleme oder Konflikte mit; sondern fungiert vielmehr als Gesprächs- und Interaktionspartner, als Katalysator, um Wege durchzusprechen und durchzuspielen.
Letztlich entscheidet immer der Auftraggeber, denn er/sie muss an Ende die Folgen der Wahl tragen.
Oft ist es während solcher Prozesse schon eine große Erkenntnis, dass wir nicht allein sind und dass es zeitweilig überhaupt eine Wahl gibt: denn in Stresssituationen sind wir blind für kreative Möglichkeiten und in unserem Denken eingeschränkt – auf Flucht oder Kampf.
In kooperativen Prozess sind beide Partner voneinander abhängig und entwickeln sich – wenn es gut läuft – beide weiter und heben dann (anfangs ungeahnte) Schätze, nutzen Ressourcen und finden Lösungswege, die zuvor (scheinbar) nicht vorhanden waren.

Methoden
Im Coaching kommen, je nach Vorwissen, Interesse, Problemstellung und Situation ganz verschiedene Interventionstechniken zum Einsatz, von denen durchaus viele der Psychotherapie entlehnt sind. Dabei gibt es für die Durchführung von Coaching keine speziellen Regeln.
Allen Ansätzen gemeinsam sind allerdings Zielorientierung, Ressourcenaktivierung sowie die Erweiterung von Wahrnehmung und Handlungsoptionen des Klienten.

Der Coach gibt gezieltes Feedback über die beim Klienten beobachteten Wahrnehmungs-, Deutungs-, Gefühls- und Verhaltensmuster, vielleicht auch über die eigenen diesbezüglichen Befindlichkeiten (Gegenübertragungs-wahrnehmung), vermeidet aber direktive Interventionen (Ratschläge, Handlungsanweisungen – denn er muss weder die Konsequenzen tragen, noch bezahlen).

Meist wird das Coaching vorab zeitlich auf wenige Sitzungen begrenzt; wird aber zum Teil auch berufsbegleitend über eine längere Periode durchgeführt oder im Rahmen von Teamentwicklungsprozessen oder anderen (beruflichen) Umstrukturierungsmaßnahmen projektbezogen verabredet.
Über eine lief-Monitoring z.B. mit dem synergetischen Navigationssystem (Schiepek, 2016) lassen sich die initiierten Prozesse evaluieren, dokumentieren und zeitnah auswerten.

Grundlage der Zusammenarbeit ist ein Coaching-Vertrag, in dem Ziel und Dauer des Coaching sowie das Honorar festgelegt werden.
Vertraulichkeit von Seiten des Coaches sowie Freiwilligkeit und Selbstverantwortung des Klienten werden als Voraussetzungen für einen erfolgreichen Coachingprozess gesehen.

Die Qualität einer Coachingmaßnahme kann anhand der drei Qualitätsdimensionen festgestellt werden:

  • Die Strukturqualität umfasst Merkmale wie Qualifikation und Erfahrungen des Coaches, Qualität und Ausmaß der Arbeitsmittel und einsetzbaren Instrumente und Methoden, die Existenz organisatorischer Regelungen und Umfang des Coachingangebotes.
  • Prozessqualität wird gemessen an der Qualität der Leistungserbringung hinsichtlich Art, Umfang, prozessualer und zeitlicher Abfolge des Coachings. Berücksichtigt werden dabei auch Aspekte wie Zuverlässigkeit, Freundlichkeit, Transparenz, interne Kommunikation und externe Vernetzung.
  • Die Ergebnisqualität misst die mit dem Coaching erzielten Ergebnisse als die am Coachingnehmer oder seinem Verhalten bewirkten Veränderungen. Sie bestimmt somit die Wirksamkeit und den Erfolg der Leistung, sowie ihre Wirtschaftlichkeit im Sinne eines Kosten-Nutzen-Verhältnisses.



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